Der Fiskus kennt keine Grenzen
Ein Beleg, der mir zuerst aufgefallen ist, weil er eine 20 Pfennig Freimarke mit Bikerdike Maschinenstempel zeigt, zwar nicht mein Sammelgebiet, aber dennoch war mir bewusst, dass Auslandsfrankaturen mit Maschinenstempel, zumindest um 1900, nicht als Massenware zu bezeichnen sind. Auf den zweiten Blick dann das Zielland China, oha und dann der Empfänger. Eine Moltkestraße gibt es in fast jeder größeren Stadt, also begann die Recherche.
Portopflichtige Dienstsache der Steuer Deputation des Berliner Magistrates an den
Kapitän zur See Graf Heinrich von Moltke in China auf der S.M.S. Fürst Bismarck.
Frankiert mit 20 Pfennig Germania Reichspost MiNr. 57 und mit Bikerdike-Stempel
am 26.8.1901 entwertet.
Der Panzerkreuzer SMS Fürst Bismarck der Kaiserlichen Marine wurde am 1. April 1900, dem 85. Geburtstag von Fürst Otto von Bismarck, in Dienst gestellt. Am 30.6.1900 lief das Schiff mit seinem Kapitän Graf Moltke in Richtung Ostasien aus und erreichte am 13.8.1900 den Hafen von Tsingtau in China.
Doch was war der Grund des Briefes? Graf Heinrich von Moltke schuldete der städtischen
Steuerkasse die Einkommensteuer nebst Ergänzungssteuer für April 1901 in Höhe von 157,80 Mark.
Diese Summe plus 20 Pfennig Briefgebühr sollte laut dem Schreiben binnen 8 Tagen, bei
Vermeidung zwangsweiser Einziehung, beglichen werden. Wie das aus China gelingen sollte,
ist nicht bekannt, ebenso wenig, ob der Magistrat von Berlin eine Pfändung veranlasste.
Die Bürokratie war schon damals grenzenlos.
Dieter Sejak, Viernheim