Zur Frühjahrsmesse Leipzig 1919 mit dem Flugzeug

Am 6. Februar 1919 wurde im Deutschen Reich erstmals ein regelmäßiger Flugpostbetrieb aufgenommen. Dieser ermöglichte eine zuverlässige und schnelle Verbindung zwischen den Regierungsstellen in Berlin und der in Weimar tagenden Regierung. Von Berlin sollte täglich ein Flugzeug um 7:00 Uhr vormittags bzw. 13:00 Uhr am Nachmittag nach Weimar starten. In der Gegenrichtung war der Abflug für 9:30 Uhr bzw. 14:30 Uhr vorgesehen. Für die 250 Kilometer wurden je nach Wetterlage zwei bis drei Stunden Flugzeit benötigt. Geflogen wurde bei „Wind und Wetter“ in ehemaligen Kampflugzeugen aus dem Ersten Weltkrieg mit offenem Cockpit ohne Kabine. Die Passagiere bekamen daher für den Flug einen Pelzmantel gegen die Kälte von den Fluggesellschaften gestellt. An Fracht wurden vor allem Zeitungen befördert, die zu Paketen verschnürt waren, während die Briefe in Säcken transportiert wurden.

Bereits am 1. März 1919 wurde Leipzig mit einer Zwischenlandung in den Flugplan aufgenommen, denn der bis dahin dort praktizierte Postabwurf beim Überflug ermöglichte keine Post- oder Passagieraufnahme.

Wegen der Nachfrage von Besuchern der Leipziger Messe wurde sogar vom 15. April bis 3. Mai 1919 eine zusätzliche Flugverbindung eingerichtet. Laut zeitgenössischen Quellen gab es seitens der Aussteller ebenfalls eine Nachfrage für den Versand von Paketen mit Musterkollektionen. Der Abflug erfolgte in Berlin nun erst um 16:00 Uhr am Nachmittag mit Zwischenlandung in Leipzig um ca. 17:00 Uhr und 10 Minuten Aufenthalt. Die Ankunft in Weimar war noch bei Tageslicht gegen 18:00 Uhr vorgesehen. Schließlich wurde damals noch „nach Sicht“ geflogen, Blindflug bei Nacht war technisch noch nicht möglich.

Von der neu eingerichteten Flugverbindung stammt auch der unten abgebildete Beleg. Zu dieser Zeit fand in Leipzig die Ostermesse für Leder und Rauchwaren statt.


Luftpostbrief von Berlin nach Leipzig.

Ein Luftpostbrief vom 2. Mai 1919, rechtzeitig aufgegeben in Berlin 66 für den neu eingerichteten Messeflug nach Leipzig um 16:00 Uhr. Freigemacht mit einer Mark war er als Luftpostbrief mit Eilboten der ersten Gewichtsstufe ordnungsgemäß frankiert. Gerichtet war er an einen Aussteller im „Messhaus Reichskanzler“ Zimmer 612. Laut dem lilafarbenen Stempel war in Leipzig das Postamt 13 für die Bestellung zuständig: „Durch Personal des P.A. 13 abzutragen“.

Messehaus Reichskanzler um 1920.
Messehaus Reichskanzler um 1920.
(Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Messhaus_Reichskanzler_Leipzig_um_1920.jpg )

Das Messehaus Reichskanzler war ein ehemaliges, 1818 entstandene Hotel, das in Erinnerung an die Völkerschlacht bei Leipzig den Namen „Hotel de Russie“, bzw. Russischer Hof, erhielt. Im Ersten Weltkrieg wurde daraus der „Reichskanzler“. Nach Ende des Ersten Weltkriegs wurde das Hotel unter gleichem Namen zu einem Messehaus umgebaut.

Quellen:
Günter, Otto: Katalog und Handbuch der Deutschen Luftpost 1919-1932, Bd.1, Mahlow 1972
Günter, Otto: Die Luftpostgebühren während der Inflationszeit 1919-1923, INFLA Bd. 34, München 1995
https://de.wikipedia.org/wiki/Flugplatz_Johannisthal
https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Luft-Reederei

Ralf Graber